Mit dem 1. Bauabschnitt dieses umfangreichen Projekts hat sich die Universität Göttingen bereits jetzt ein Zentrum des Wissens als Schaukasten ihrer Arbeit im Herzen ihrer Stadt geschaffen: das Forum Wissen. Die Öffentlichkeit kann sich dort seit der Fertigstellung den Wissensschatz der Universität erschließen und neue Erkentnisgewinne nachvollziehen und hautnah miterleben – beim Besuch der Ausstellungen ebenso wie bei Vorträgen, Wissens-Salons oder bei der Arbeit in Schülerlaboren. Das Hineinstrahlen der Wissenschaft in den Lebensalltag wird neben der öffentlichen Ausstellung durch Lesungen, Konzerte oder Bühnenaufführungen anschaulich vermittelt werden. Daneben entstanden Arbeitsmöglichkeiten für die interdisziplinäre Forschung, die die fächerübergreifende Vermehrung des Wissens fördern. Die Arbeit in und mit den neu geordneten Sammlungen regt direkt und unkompliziert zu einem wissenschaftlichen Austausch an. Dies gibt nicht nur die Möglichkeit, Berührungsängste zwischen Öffentlichkeit und Wissenschaft abzubauen, sondern fordert „Berührungen“ geradezu heraus. Für dieses Konzept die entsprechenden architektonischen sowie technisch-intelligenten Voraussetzungen mit allen Planungsbeteiligten zu schaffen, war für uns eine Herausforderung, der wir uns gerne stellten.
Das Forum Wissen ist im ehemaligen Naturhistorischen Museum an der Berliner Straße in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hauptbahnhof untergebracht und ist damit nicht nur zentral gelegen, sondern knüpft direkt an die Tradition der Universität an. Das Gebäude entstand in seiner Ursprungsform in den Jahren 1873-79 und wurde in verschiedenen Bauphasen um 3 rückseitige Flügelbauten mit Hörsälen und zusätzlichen Sammlungsräumen ergänzt (ca. 1901 - 1914) und umgebaut. Einen massiven Einschnitt in die Geschichte des Musems stellte die Schädigung während eines Bombenangriffes im 2. Weltkrieg dar – der Wiederaufbau incl. Modifizierungen und Erweiterungen erfolgte in den 1950er und -60er Jahren. Für die Unterbringung eines Museums, das nicht nur den heutigen Standards enstpricht, sondern gleichzeitig eine repräsentative und zukunftsweise Wirkung erfüllt, waren umfangreiche Eingriffe in das historische Gebäudeensemble notwendig. So wurden beispielsweise Teile der rückseitigen Anbauten abgebrochen, um Platz für einen funktionalen Neubau zu schaffen, in dem unter anderem ein großzügiges Atrium mit Café und ein Foyer für Präsentationen und Empfänge, zusätzliche Ausstellungsräume sowie technisch anspruchsvolle Arbeitsplätze mit zugehörigen Nebenräumen Platz fanden. In enger Abstimmung mit den beteiligten Fachplanern wurde der ursprüngliche Kernbau von jüngeren Einbauten beräumt und soweit ertüchtigt, dass er den Hauptteil der Ausstellung aufnehmen konnte. Aufgrund der Museumsnutzung mit z.T. schweren Vitrinen und Schaustücken mussten dabei umfangreiche statische Ertüchtigungsmaßnahmen erfolgen – so wurde ein Großteil der Decken erneuert und die Fundamenteentsprechend verstärkt. Außerdem erfolgten umfangreiche Um- bzw. Neubaumaßnahmen an den Dachkonstruktionen, wodurch eine Technikzentrale in diesem Bereich entstehen und zugleich die werbende Außenwirkung verstärkt werden konnte – das mittlere Bauteil präsentiert sich an der Berliner Straße aus diesem Grund nun mit einer auffälligen neuen Haube inclusive Schriftzug.
Zur barrierefreien Erschließung des Gebäudes wurde in die Freitreppe des Haupteingangs eingegriffen. Der Einschnitt in die äußere Stufenanlage zur Integration eines ebenerdigen Zugangs bis zum innenliegenden Lift war eine denkmalpflegerisch durchaus kontrovers diskutierte Maßnahme, ermöglicht im Ergebnis allerdings einen gleichwertigen Zugang für alle Menschen. Der Personenaufzug zur Erschließung aller Geschossebenen des Ausstellungsgebäudes existierte bereits, weshalb kein weiterer baulicher Eingriff notwendig war, um die neue Aufzugtechnik zu integrieren. Lediglich ein Lastenaufzug wurde durch minimalen Umbau im Südflügel für die Verbesserung der funktionalen Abläufe des Museums ergänzt.
Das historische Foyer direkt im Eingangsbereich sowie das unmittelbar anschließende Haupttreppenhaus konnten auf der Basis restauratorischer Befunde wieder in Anlehnung an die ursprünglichen Farben gefasst werden. Sie repräsentieren dadurch das historische Erscheinungsbild des geschichtsträchtigen Hauses, während die Ausstellungsbereiche sowie der gesamte neue Anbau zeitgenössisch-schlicht gestaltet sind.